Es sei nur noch äußerst schwierig, sich ein Endspiel in der Eurozone vorzustellen, das ohne eine signifikante Schuldenrestrukturierung und einem deutlichen Haircut unter den Gläubigern auskomme, wie sich US-Ökonom Kenneth Rogoff überzeugt zeigt. Obwohl es viele Erklärungen für die schleppende Erholung in der Eurozone gebe, sei jedermann klar, dass die horrende öffentliche wie auch private Verschuldung kaum eine andere Alternative als einen Haircut zulasse.

 

Zwar habe sich die Lage im Hinblick auf die Euro-Schuldenkrise in den vergangenen beiden Jahren zunehmend entspannt, was allerdings nichts daran ändern werde, dass für eine ganze Reihe von Ländern der Eurozone Schuldenrestrukturierungen zu einem notwendigen Mittel avancieren werden. Diese Ansicht vertrat US-Ökonom Kenneth Rogoff zuletzt in einem Beitrag auf der Seite von Project Syndicate.

 

Nun ja, in Bezug auf einen anstehenden Schuldenschnitt würde ich sicher ins selbe Horn wie Rogoff blasen. Doch was die entspanntere Situation in den Peripherieländern der Eurozone angeht? Blicken Sie in diesen Tagen doch einfach mal nach Portugal, wo die Banco Espirito gerade erneut vor einem Kollaps steht. Wurde in Spanien nicht gerade eine Steuer auf diverse Bankguthaben beschlossen?

 

Und wie sieht es im Hinblick auf die Finanzstabilität unter den großen Euro-Banken wirklich aus, die faule Kredite von mehr als 1 Billion Euro in ihren Portfolios vor sich herschieben? Das Warten auf Besserung der makroökonomischen Lage in der Eurozone wird sich – wie erwartet – nicht erfüllen. Oder wie liest sich in diesem Zusammenhang der heute vermeldete Rückgang (deutlicher Natur) der Industrieproduktion in Frankreich und Italien?

 

Nichts hat sich seit Ausbruch der Schuldenkrise in der Eurozone seit Mai 2010 verbessert. Im Gegenteil sind die Probleme nur durch eine Liquiditätsflutung seitens der EZB temporär aus dem Fokus der Finanzmarktteilnehmer verbannt worden. In vielen finanziell angeschlagenen Ländern haben die Staatsregierungen zwischenzeitlich überhaupt nichts unternommen, um die horrenden Schieflagen und Ungleichgewichte in ihren Wirtschaften zu adressieren.

 

Wie denn auch? Wenn man bis über die Halskrause verschuldet ist und die Wirtschaft einbricht wird es eben schwierig bis unmöglich, gegenzusteuern. Es handelt sich hierbei eben um das sprichwörtliche Kind, das in den Brunnen gefallen ist. Und solange die Politik Angst vor alternativen Konzepten und einem echten Angehen der zugrundeliegenden Probleme hat, wird der Systemkollaps nur bis zur Minute X hinausgezögert.

 

Laut Rogoff seien die politischen Führungen in der Eurozone – wie so oft – darüber uneins,  wie sie ihre jeweiligen Wirtschaften wieder flott bekommen könnten, wie er in seinem Bericht für Project Syndicate schreibt. Franzosen und Italiener riefen nach einem Ende der schmerzhaften Sparmaßnahmen, während die meisten Nordländer eher Strukturreformen in der Peripherie anmahnten.


Im Idealfall bekämen beide Seiten was sie anstrebten, doch es sei äußerst schwierig, sich ein Endspiel in der Eurozone vorzustellen, das ohne eine signifikante Schuldenrestrukturierung und Haircut unter den Gläubigern auskomme, so Rogoff. Obwohl es viele Erklärungen für die schleppende Erholung in der Eurozone gebe, sei jedermann klar, dass die horrende öffentliche wie auch private Verschuldung kaum eine andere Alternative als einen Haircut eröffne.


Denn der Verschuldungsgrad unter den meisten Regierungen hat seit dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise noch stark zugenommen. Doch nicht nur das, auch die ausstehenden Schulden der Privathaushalte und Banken sind ebenfalls weiter in die Höhe geklettert. Nun, es handelt sich hierbei eben um das oft zuvor beschriebene Rad des an den Finanzmärkten unter Banken und Regierungen gedrehten Ponzi. Mehr lässt sich dazu nicht sagen.

 

Der immense Schuldenüberhang halte die Länder der Eurozone laut Rogoff in einem nicht zu entkommenden Teufelskreis gefangen. Sehr hohe öffentliche und private Schulden begrenzten die Möglichkeiten eines Landes, sich wirtschaftlich fortzuentwickeln. Der immens hohe Verschuldungsgrad stünde auf unstrittige Weise mit dem langsamen Wachstum in Verbindung, was es wiederum schwierig mache, der Schuldenfalle zu entkommen, so Rogoff weiter. Im Allgemeinen könnten weder reine Sparmaßnahmen noch krude keynesianische Anreize die betroffenen Länder dabei unterstützen, ihren Schuldenfallen zu entkommen.

 

In der Wirtschafts- und Finanzgeschichte haben andere Maßnahmen wie Umschuldungen, Inflation und verschiedene Arten von Vermögensbesteuerungen, zu denen auch und vor allem die heute zu beobachtende finanzielle Repression gehört, typischerweise eine signifikante Rolle in diesen Zeiten gespielt. Halter von Lebensversicherungen, Sparer und teilenteignete Konteninhaber auf Zypern können davon bereits ein Lied singen.

Laut Rogoff werde die Wirtschaft der Eurozone schwach bleiben. Das ökonomische Wachstum lag im 1. Quartal auch gerade einmal bei 0,2%. Die Aktivitätsindikatoren haben sich in der Eurozone in den letzten paar Monaten zudem nochmals abgeschwächt. Selbst der bisherige Motor der Erholung – der deutsche Industriesektor – hat  angesichts der schwachen Gesamterholung und einem im Außenwert zu starken Euro an Fahrt verloren. 

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